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Dießen – Künstlerort am Ammersee

Malerei, Keramik, Textilkunst, Grafik oder Fotografie: Dießen bietet alle Facetten von Kunst und Kunsthandwerk. Damit wird die Marktgemeinde ihrem Ruf als Künstlerort mehr als gerecht – und das nicht erst seit gestern. Bereits seit dem vorletzten Jahrhundert zieht es Kreative an den behaglichen Ort am Ammersee, wo sie ihrem Schaffen über kurz oder lang nachgehen.

Zu den ersten überregional bekannten Künstlern, die es auf der Suche nach Landschaftseindrücken und Inspiration hierher verschlagen hat, zählen Maler wie Carl Spitzweg und Wilhelm Leibl. Das war gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ihnen folgten zahlreiche weitere Namen wie Alexander Koester, Fritz Winter oder Rudolf Hirth du Frênes.

Doch wie kam es eigentlich dazu, dass es die Künstler ausgerechnet in das beschauliche Dießen zog? Um diese Frage zu beantworten, erscheint es sinnvoll, einen Blick auf die historischen Zusammenhänge zu werfen.

Der Taubenturm in Dießen am Ammersee.

Ein Blick zurück

Als im Zuge der Säkularisation 1803 bayernweit die kirchlichen Besitztümer an den Staat fielen, stellte sich auch in Dießen eine Umbruchstimmung ein. Mit der Klosteraufhebung blieben die gewohnten Pilgerzüge plötzlich aus – und kaum ein Reisender fand mehr seinen Weg an den Ammersee.

Das frühe 19. Jahrhundert wurde für Dießen so zu einer ruhigen Zeit, die eine regelrecht biedermeierliche Stimmung einläutete. Der Ort sollte erst einige Jahrzehnte später aus seiner friedlichen Verschlafenheit gerissen werden: In der Mitte des Jahrhunderts nahm der Fremdenverkehr allmählich zu und es regte sich erneut ein lebhaftes Treiben. 

Mit der Moderne kommen die Künstler

Die Menschen zog es aus den industrialisierten Städten raus aufs Land, in die ruhevolle Naturidylle. Schließlich verspricht ein Tag am See damals wie heute eine erholsame Alternative zum gehetzten Alltag in der Stadt. 

Seit 1877 konnten die ersten Besucher auf einem Dampfschiff über den See fahren, sodass sich Dießen zu einem beliebten Ausflugsziel etablierte. Ein weiterer Meilenstein für die Entwicklung des Marktes wurde gute 20 Jahre später gelegt: 1898 entstand ein eigener Bahnhof auf der Bahnstrecke Augsburg-Weilheim. Mit dieser drastischen Modernisierung brach tatsächlich eine neue Zeit für den kleinen, provinziellen Ort am See und dessen Bürger an. Und neben Wochenendausflüglern entdeckten auch zahlreiche Künstler ihre Liebe für Dießen. 

Auch Carl Spitzweg verbrachte Zeit in Dießen. Er fing die Schönheit des Ammersees in seinen Werken ein.
Carl Spitzweg, Landschaft am Ammersee, ca. 1860, Privatbesitz
(Aus: Nagel, Joachim: Carl Spitzweg. Stuttgart 2008, S. 8)

Am See zu sein bedeutete für die Künstler: Neue Eindrücke sammeln und die Impressionen der voralpinen Landschaft auf die Leinwand bringen, wie es an Spitzwegs Gemälde Landschaft am Ammersee von 1860 zu beobachten ist. Den Ammersee als Ort der Kreativität und Inspiration zu nutzen, sollte kein kurzfristiger Trend bleiben. Bis heute leben und arbeiten zahlreiche Künstlerinnen, Schriftsteller und Kunsthandwerkerinnen am See.

Das Kunsthandwerk: bis heute Aushängeschild der Marktgemeinde Dießen

Das Kunsthandwerk stellt nach wie vor ein wichtiges Gewerbe in Dießen dar. In besonderem Maße tragen die ortsansässigen Töpfereien zur Bekanntheit der Marktgemeinde als Kunsthandwerks-Örtchen bei. Die entstandenen Keramikarbeiten werden unter anderem auf dem alljährlichen Töpfermarkt angeboten.

Interessierte finden die Objekte das ganze Jahr über direkt in den Ateliers, Töpfereien, der Zinngießerei oder im Pavillon am See, wo stets die aktuellen Arbeiten der Arbeitsgemeinschaft Dießener Kunst ausgestellt sind.

Fazit

Damals wie heute scheint die Gemeinde am südlichen Westufer eine besondere Anziehungskraft auf Künstlerinnen und Kunsthandwerker auszuüben. So geht noch immer eine Faszination von Dießen und der Ammersee-Region aus, die Kreative zu neuen Schaffensprozessen anregt. Ausschlaggebend sind dafür wohl nicht nur die einzigartigen landschaftlichen Gegebenheiten am See, sondern vielmehr die breit aufgestellte Kunsthandwerks- und Kunstszene, die stets für Inspiration und kreativen Austausch sorgt.

Erst die Veränderungen der modernisierten Welt ermöglichten es, dass Dießen aus seinem Biedermeier-Schlaf gerissen wurde und sich in der Gemeinde überhaupt ein solches Künstler-Netzwerk ausbreiten konnte. Leibl, Spitzweg und Winter haben es vorgemacht – und Dießen in einen Künstlerort am Ammersee verwandelt.


Fotos: eigene Aufnahmen.
Literatur: Raff, Thomas: Spaziergänge durch Dießen am Ammersee. Steingaden 2014.